Politische Bewertung für das Zentralkomitee, 7. September 2014
Der Krieg gegen den Gaza-Streifen dauerte 52 Tage. Er endete da, wo er begonnen hatte: Die Belagerung des Gaza-Streifens dauert an. Beide Seiten, Israel wie die Hamas erklärten gleichermaßen, sie hätten gewonnen. In Wahrheit hat hier niemand einen Sieg errungen. Wie in den bisherigen Runden dieses zerstörerischen Krieges ist es die Bevölkerung, die den Preis zahlt. Dabei sind die Verluste für das palästinensische Volk besonders hoch: mehr als 2.000 verloren ihr Leben, die Hälfte davon Zivilisten, zehntausende wurden verwundet, hunderttausende obdachlos.
Es ist unmöglich zu bestimmen, wer hier gewonnen und wer verloren hat, denn die beiden Seiten können gar nicht miteinander verglichen werden. Einerseits eine Industrienation mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 30.000 US-Dollar,andererseits 3.000 US-Dollar pro Kopf in Gaza. Eine Armee, ausgerüstet mit den neuesten Technologien und einem Etat von 17 Milliarden US-Dollar – gegen eine Organisation, mit einfachen Waffen und wenigen Millionen US-Dollar. Das ist kein Kampf zwischen Gleichen, das Ergebnis ist vorher klar.
Es stellt sich also die Frage, warum Israel die Hamas nicht besiegt hat. Die Antwort ist einfach: Israel hatte gar nicht vor, die Hamas zu besiegen. Israel hat keine Alternative zur Herrschaft der Hamas und will den Gaza-Streifen nicht wieder okkupieren.
Vom Beginn des Krieges an war die Herrschaft der Hamas nicht bedroht. Damit stellt sich eine andere Frage: Warum hat die Hamas den Raketenbeschuss Israels so lange fortgesetzt, trotz des schrecklichen Preises, den die Bevölkerung von Gaza an Leben, Eigentum und Infrastruktur zu zahlen hatte? Nach Aussage des Israelischen Verteidigungsministers hat Israel 2 Milliarden US-Dollar in den Kriegseinsatz investiert – und einen Schaden von etwa 5 Milliarden US-Dollar verursacht.
Des Rätsels Lösung liegt in den gegensätzlichen Zielen der beiden Seiten. Ziel der Hamas war, wie in den beiden Kriegen zuvor, das Ende der Gaza-Blockade. Israel dagegen wollte den Gaza-Streifen so einschnüren, dass die Hamas gezwungen ist, die Waffen niederzulegen. Beide Seiten hatten keine andere Wahl, als einen Zermürbungskrieg zu führen – bis eine Seite die andere erfolgreich nieder gerungen hat.
Gaza: zwischen Katar und Saudi Arabien
Ohne einen Blick auf die Ereignisse in der arabischen Welt kann man den Gaza-Krieg nicht verstehen. Erstmals haben sich zwei deutliche Lager gebildet: eins um Ägypten und Saudi Arabien, ein anderes um Katar und die Türkei. In der Vergangenheit hatte die Hamas sich auf einen Block von Abweichlern – den Iran, Syrien und die Hisbollah im Libanon – verlassen können. Aber mit dem Arabischen Frühling sind die Karten neu gemischt, die Wirklichkeit ist eine andere. Die alte Ordnung kollabierte. Staaten wurden zu Schauplätzen von Bürgerkriegen und zerfielen. Es entstanden neue Lager, in denen die Golfstaaten eine zentrale Rolle spielen. Der Arabische Frühling hat im Golfkooperationsrat zu einer Spaltung zwischen Saudi-Arabien und Katar geführt. Dabei geht es um eine grundlegende Meinungsverschiedenheit, wie mit dem Arabischen Frühling umzugehen ist. Alle Versuche, die Differenzen zu überbrücken, sind fehlgeschlagen. Saudi Arabien hat den Aufstand des 25. Januar 2011, der zum Sturz des Mubarak-Regimes in Ägypten führte, klar abgelehnt. Katar unterstützte dagegen die Muslimbruderschaft, die dann in demokratischen Wahlen die Macht übernahm. Es besteht keine Einigkeit in der Frage, wie die Brandherde der Revolution unter den arabischen Völkern zu löschen sind, die nach Demokratie, Brot und Freiheit verlangen.
Katar ist überzeugt, dass die Zeiten der alten Herrschaftsformen, wie sie der Diktator Mubarak verkörperte, vorüber sind. Aber nicht nach einer Demokratie im westlichen Stil sucht das Emirat. Vielmehr sollte der demokratische Aufstand junger Revolutionäre, die eine moderne Form von Staatlichkeit anstreben, durch die Muslim-Bürder gestoppt werden, die bei der “demokratischen” Übernahme der Revolution von Katar entsprechende Unterstützung erfuhren. Saudi-Arabien dagegen sieht den politischen Islam, besonders in der Version der Muslim-Bruderschaft, als direkte Bedrohung für die monarchistische Diktatur. Deshalb hat die Ägyptische Salafistische Partei Al-Nour (die mit Saudi-Arabien in direkten Zusammenhang gebracht wird) den Militärputsch unterstützt, der den islamischen Präsidenten Mohamed Mursi zu Fall brachte.
Das ist der Hintergrund zum neuesten Gaza-Krieg,in dem die Hamas von Katar und der Türkei unterstützt wurde, während Saudi Arabien und Ägypten auf der Seite Israels standen. In dieser Situation war keine
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